Women for Women


Interview mit Dr. Sonja Lechner
Founder Kunstkonnex Artconsulting


15. Mai 2022

Über Dr. Sonja Lechner
Tätig als Kunsthistorikerin in ihrer eigens gegründeten Firma Kunstkonnex Artconsulting berät Frau Dr. Sonja Lechner Privatpersonen sowie mittelständige Unternehmen in Bezug auf Kunst und kuratiert Ausstellungen. Sie engagiert sich für den Austausch unter Frauen und veranstaltet den legendären Ladies Art Lunch in München. Sie ist außerdem Mutter einer Tochter.

Du bist in München geboren worden und mit zwei Geschwistern aufgewachsen. Dein Vater war Jurist. Deine Mutter ist Finnin und Sprachwissenschaftlerin. Wie hast du als Kind das Aufwachsen in zwei unterschiedlichen Kulturen empfunden?
Als immense Bereicherung! Uns wurde von klein auf vorgelebt, wie vielfältig die Welt ist: Nicht nur durch die zwei Sprachen, mit denen wir aufwuchsen, sondern auch durch die Gebräuche zweier unterschiedlicher Kulturen und nicht zuletzt durch den Kontrast zwischen Urbanität und Natur – während wir unseren Alltag mitten im Herzen von München lebten, verbrachten wir stets unsere Sommerferien in einem alten Holzhaus inmitten eines Blaubeerwaldes an einem finnischen See. Ich glaube all dies hat bei mir nicht nur die Liebe zu Sprachen freigesetzt, sondern auch die Neugier auf die Welt in all ihren Facetten!

Nach dem Abitur hast du Geschichte und Kunstgeschichte studiert. Du bist Kunsthistorikerin, Kuratorin und Unternehmerin. Wie kam es dazu? War die Kunst schon immer deine Leidenschaft oder hat sich dies mit der Zeit entwickelt?

Ich hatte zunächst einen historischen Beruf im Auge, fand dann aber meine Berufung darin zu verbalisieren, was Künstler über die Jahrhunderte hinweg visualisiert haben. Ohne die Kunst hätte wir im Wortsinne kein „Bild“ von unserer Vergangenheit vor Erfindung der Fotografie: Dieses zu erkunden, fasziniert mich bis heute! Ergänzt durch die Offerte, einen neuen Blickwinkel auf die Welt einzunehmen, die ich täglich via junger Kunst erhalte, kann ich sagen, tatsächlich täglich das zu tun, was mich begeistert.

Im Jahr 2006 hast du deine eigene Firma „Kunstkonnex Artconsulting“ gegründet. Wie ist die Idee, selbst ein Unternehmen zu gründen, entstanden?

Ich hatte meine Tochter noch als Studentin während der Arbeit an meiner Promotion bekommen und schnell festgestellt, dass meine Vorstellungen, Mutterschaft und Beruf in idealem Zusammenspiel zu vereinigen, illusionär gewesen waren. Durch die Gründung der eigenen Firma war ich Herrin meiner eigenen Zeit und konnte entscheiden, wieviel Aufträge ich annahm – das Unternehmen wuchs sozusagen mit unserer Tochter: je weniger sie mich brauchte, desto größer wurde Kunstkonnex.

Die Kunst und das Unternehmertum sind zwei verschiedene paar Schuhe. Kannst du aus der Kunst Ideen und auch Parallelen für deine Arbeit als Unternehmerin ableiten und nutzen?

Ich würde es so formulieren: In der Auseinandersetzung mit Kunst und im Versuch, ihr eine Sprache zu geben, kann ich meine Kreativität ausleben, als Unternehmerin hingegen meinen Perfektionismus und mein Organisationsverlangen.

Du bist verheiratet mit deiner Jugendliebe und hast eine Tochter. Wie sieht dein Tag aus? Welche Herausforderungen begegnen dir und wie organisierst du deine beruflichen Tätigkeiten neben der Familie?

Ich habe den großen Vorteil, dass ich neben unserem Büro schon immer auch von zu Hause aus arbeitete, um möglichst viel Zeit mit meinem Kind verbringen zu können – die Pandemie stellte für mich daher nicht den Paradigmenwechsel dar, der sie für viele andere berufstätige Mütter war und ist. Mein normaler Arbeitstag in München ist ein (meist) sehr angenehmer Wechsel zwischen dem Schreiben von Vorträgen oder Ausstellungstexten, dem Besuch von Ateliers zur Ausstellungsvorbereitung und der Kunstberatung von mittelständigen Unternehmen wie Privatsammlern. Einen Großteil des Jahres verbringe ich allerdings auf Dienstreisen, also auf der Fahrt zu denjenigen, die wir beraten, zu den Künstlern, die wir ausstellen, oder zu Kunstmessen respektive Ausstellungen.

Nimmst du dir Auszeiten? Wenn ja, wie sehen diese aus und wie häufig nimmst du sie dir?

Seit ich eine schwere Lungenentzündung hatte, weil ich trotz Fieber und Husten moderierte, nehme ich mir Auszeiten. Bis dahin galt, was für so viele junge Unternehmerinnen Realität ist: Ich arbeitete durch, zum Teil wochenlang ohne Pause, weil ich an den Wochenenden, wenn meine Mann und meine Tochter bei der Oma waren, in herrlichster Unbehelligtheit ungestört schreiben konnte. Die langwierige Erkrankung hat mir überdeutlich vor Augen geführt, dass ich Pausen brauche: Seither schalte ich an arbeitsfreien Wochenenden sogar oftmals mein Handy aus und absentiere mich, wann immer möglich, in die Berge oder an einen See.

Wie wichtig ist dir das Netzwerken und der Austausch mit anderen Frauen? Wie kam es dazu, dass du den Ladies Art Lunch ins Leben gerufen hast?

Ich war gänzlich naiv in mein Unternehmertum gestartet, nämlich davon ausgehend, dass Frauen sich gegenseitig helfen, sich unterstützen, wo immer möglich, um Gleichberechtigung endlich Wirklichkeit werden zu lassen. Was ich lernen musste war, dass dies nur Frauen machen, die mit sich im Reinen sind, im weitesten Sinne glücklich mit ihrem Leben, dass sie unabhängig von irgendjemandem selbstwirksam führen – diese Frauen können gönnen und agieren gemäß dem Motto: „by lifting others we rise“. Genau diese Frauen wollte und will ich verknüpfen, nicht diejenigen, die ihre Energie immer noch in den Vergleich stecken, wer denn die klügste, schönste, erfolgreichste, jüngste von allen sei. Aus meiner Sicht können die Fragen der Zeit nur angegangen werden, wenn man Frauen aus verschiedensten Bereichen miteinander verbindet, die Eigenverantwortung vor einen Anspruch an Staat und Gesellschaft stellen – allein in der Interdisziplinarität  können die Probleme unserer Gegenwart gelöst werden.

Du bist immer toll gestylt, sehr feminine in Kleidern und auf hohen Schuhen. Wie wichtig ist dir dein Outfit und wie stylst du dich gerne?

Ich liebe tatsächlich Kleider: Ich habe eine klassische Sanduhrfigur, weshalb ich mich in Kleidern einfach am wohlsten fühle. Meine Leidenschaft fing mit Stücken aus dem Kleiderschrank meiner Oma an: Gerade die Eleganz der 50er Jahre ist für mich schwerlich zu toppen und ich kann mich gänzlich begeistern, wenn es mir gelingt, ein Vintage-Kleid aus dieser Zeit zu ergattern. Durch regelmäßige Kleidertausch-Events mit meinen Freundinnen sorge ich für Neues im Kleiderschrank und bleibe dennoch nachhaltig!

Sollten mehr Frauen im Business Kleider tragen?

Ich glaube, jeder sollte exakt das tragen, was ihm entspricht.

Gibt es besondere Stoffe und Farben auf die du gerne zurück greifst?

Natürliche Stoffe und möglichst leuchtende Farben!

In deinen Reden unterstreichst du deine Worte mit tollen und aussagekräftigen Zitaten. Gibt es ein Motto oder ein Zitat nach welchem du lebst?

Ich sammle tatsächlich Zitate, seit mir mein Vater mit 12 Jahren ein Buch mit leeren Seiten schenkte, in welches ich als Büchernärrin alles schreiben sollte, was mir erhaltenswert erschien – der beste Tipp überhaupt! Seither habe ich ganze Kladden gefüllt mit klugen Sätzen: Ich selber versuche nach zweien zu leben – erstens nach dem Satz von Erich Kästner, den mir mein Vater in mein Poesiealbum schrieb: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“. Und zweitens nach der Erkenntnis von Franz Kafka: „Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.“ Im Grunde ist dies ja der Kern jedweden Unternehmertums: Man wartet nicht darauf, dass andere tätig werden, sondern man macht es selber.

Unternehmen: Kunstkonnex Artconsulting

Bildermaterial: Sung-Hee Seewald

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